Rechtsprechungsübersicht

Im Heft 3/2024 der Betreuungsrechtlichen Praxis (BtPrax) finden Sie auf den Seiten 77 bis 82 den neuen Berichtsaufsatz zum Betreuungsrecht. Er skizziert die seit Januar 2023 veröffentlichte Rechtsprechung zum Betreuungsrecht.

Erstmals finden sich dort auch Entscheidungen zum Betreuungsorganisationsgesetz (BtOG). Im Einzelnen werden u.a. Entscheidungen zu Leistungen an berufliche Betreuer vorgestellt. So ist es umstritten, ob aufgrund der in § 30 Abs. 1 Satz 1 und 2 BtOG untersagten Annahme einer Zuwendung von Todes wegen durch den beruflichen Betreuer eine Sittenwidrigkeit des Testaments anzunehmen ist (OLG Celle NJW-RR 2024, 278) oder nur ein Verstoß gegen Berufspflichten mit der Folge einer wirksamen Erbeinsetzung (OLG Nürnberg NJW- RR 2023, 1307). Weitere Rechtsprechung findet sich zur Registrierung beruflicher Betreuer. Die überwiegende Meinung vertritt, dass bei beruflichen Bestandsbetreuern eine (vorläufige) Registrierung nach § 32 Abs. 1 BtOG ohne Eignungsprüfung vorzunehmen ist (VG Magdeburg BtR 2023, 143; VG Weimar BtPrax 2024, 35 ; VG Schleswig BtPrax 2024, 73 (LS.); a.A. wohl VG Bremen BtR 2024, 17). Antragsteller die verlangten Bedingungen für die beantragte Registrierung selbst herbeiführen können, sollten beachten, dass in diesem Fall kein Rechtsschutzbedürfnis für einstweilige verwaltungsgerichtliche Maßnahmen besteht (VG Schleswig 25.3.2024 – 7 B 19/24 hinsichtlich der Auskunft aus Schuldnerverzeichnis). Eine weitere Entscheidung betrifft die Datenübermittlung. Eine Datenübermittlung seitens der Gerichte nach § 26 Abs. 4 BtOG an die Stammbehörde kommt demnach in Betracht, wenn im Registrierungsantrag über bestehende Qualifikationen getäuscht wurde. Es muss aber ein auf konkrete Tatsachen gestützter Verdacht der Täuschung vorliegen (OLG Hamburg BtPrax 2024, 72 Ls.= BeckRS 2023, 38022: Ablehnung datenschutzrechtlicher Einwilligung ist ungenügend). Darüber hinaus ist zu berichten, dass einem vorläufig nach § 32 Abs. 1 Satz 6 BtOG registrierten Berufsbetreuer, der nicht rechtzeitig einen Antrag auf Registrierung als Berufsbetreuer gestellt hatte, ab dem 1.7.2023 kein Anspruch auf Betreuervergütung zusteht , auch nicht rückwirkend bezogen auf den Zeitpunkt der Antragstellung (LG Nürnberg-Fürth, Beschluss vom 6. Juni 2024 – 13 T 364/24).


Berichtet wird aus dem Bereich der Unterbringung u.a. zu der Vorlage des BGH an das BVerfG zur Frage der ärztlichen Zwangsbehandlung betreuter Personen. Insoweit hatte der BGH im November 2023 die Frage vorgelegt, ob die strikte Koppelung der Zulässigkeit ärztlicher Zwangsmaßnahmen an einen stationären Krankenhausaufenthalt in § 1832 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 BGB verfassungskonform ist . Der zuständige Senat zeigte sich davon überzeugt, dass es mit der aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG folgenden Schutzpflicht des Staates unvereinbar ist, diese strikte Koppelung auch für Fallgestaltungen vorzuschreiben, bei denen der Betroffene aus medizinischer Sicht, etwa im Wege einer stationsäquivalenten Behandlung, gleichermaßen in der von ihm bewohnten Einrichtung, in der seine gebotene medizinische Versorgung einschließlich etwaiger Nachbehandlung sichergestellt ist, zwangsbehandelt werden kann, wenn sie durch die Verbringung in ein Krankenhaus zur Durchführung der ärztlichen Zwangsmaßnahme in ihrer Gesundheit beeinträchtigt werden. Die in § 1832 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1-6 BGB stellten ausreichende Schutzmechanismen, um dem Ultima Ratio Gebot zu entsprechen.

Zu diesem Thema kann ich auch auf den Aufsatz von Prof. Dr. Dagmar Brosey und Annette Loer, Seiten 90 bis 95, hinweisen. Die Autorinnen geben dort die erweiterte und aktualisierte Stellungnahme des Betreuungsgerichtstages zur Frage ärztlicher Zwangsmaßnahmen außerhalb eines geeigneten stationären Krankenhausaufenthaltes wieder.

Das Bundesverfassungsgericht hat in diesem Verfahren, das unter dem Aktenzeichen 1 BvL 1/24 geführt wird, inzwischen für den 16. Juli 2024 um 10.00 Uhr eine mündliche Verhandlung anberaumt.

Aus dem Vergütungsbereich ist u.a. zu berichten, dass sich die Rechtsprechung im Bereich der Erstattungsfähigkeit von Dolmetscherkosten uneinheitlich entwickelt. Während der berufsmäßige Verfahrensbeistand eines Kindes diese Kosten z. T. gesondert neben der Fallpauschale als Aufwendung geltend machen kann (OLG Braunschweig NJW-RR 2023, 1044; a.A. OLG Hamm NJW 2023, 2131), verneinte der BGH dies für berufliche Betreuer (NJW 2014, 1811). Aktuell hat das BayObLG mit Beschluss vom 6. Juni 2024, Az. 101 VA 36/24, entschieden, dass die von einem Berufsbetreuer absolvierten Sachkundelehrgänge und sonstigen Fortbildungsmaßnahmen keinen Wissensstand vermitteln , der nach Art und Umfang dem eines Hochschulstudiums entspricht, und münden in keinen staatlich anerkannten Abschluss. Das Vorliegen betreuungsrelevanter Fachkenntnisse ist nämlich allein für die Registrierung zum beruflichen Betreuer bedeutsam.


Aus dem Bereich der Bestellung eines Betreuers hat der BGH erneut und wiederholt darauf hinweisen müssen, dass eine Betreuerbestellung gegen den Willen der betroffenen Person die Feststellung voraussetzt, dass deren Fähigkeit zur Bildung eines freien Willens aufgehoben ist. Weder die Feststellung, die freie Willensbildung sei krankheitsbedingt beeinträchtigt bzw. nicht unbeeinträchtigt, noch sie sei stark eingeschränkt bis aufgehoben, belegt das (BGH BtPrax 2023, 103).


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