Informationen zu den Fragen einer Schutzimpfung gegen das SARS-CoV-2 Virus im Rahmen der rechtlichen Betreuung

Angesichts der ab dem 27.2.2020 geplanten Schutzimpfungen gegen das SARS-CoV-2 Virus stellt sich für gesetzliche Vertreter sowie  durch Vorsorgevollmacht legitimierte Vertreter die Frage, in welchem Rahmen sie zu Entscheidungen über die Impfung bzw. deren Ablehnung berechtigt und/oder verpflichtet sind.

Betreuerinnen und Betreuer sind innerhalb ihres/seines Aufgabenkreises gesetzlicher Vertreter des Betreuten, § 1902 BGB. Dies gilt selbst dann, wenn die/der Betreute geschäftsfähig ist. Die Vertretungsbefugnis besteht auch, wenn die Betreuung zu Unrecht angeordnet wurde und die Betreuung im Rechtsmittelverfahren später aufgehoben oder ihre Rechtswidrigkeit festgestellt wird. Damit sind sie grundsätzlich zu Entscheidungen über eine Schutzimpfung gegen das SARS-CoV-2 Virus berechtigt, wenn die rechtliche Betreuung den Aufgabenkreis der Gesundheitsfürsorge umfasst. In diesem Rahmen kommt der Betreuerin/dem Betreuer die Aufgabe zu, die betreute Person bei ihrer Entscheidung zu unterstützen, ob sie getestet bzw. geimpft werden möchte. Darüber hinaus ist aber das Innenverhältnis zwischen Betreuerin/Betreuer und betreuter Person zu beachten. Dies ist privatrechtlicher Natur. Danach ist der gesetzliche Vertreter dem Wohl der/des Betreuten verpflichtet und hat ihr/ihm im Rahmen seiner Fähigkeiten zu ermöglichen, ihr/sein Leben nach seinen eigenen Wünschen und Vorstellungen zu gestalten, § 1901 Abs. 2 BGB. Weiterhin sind der Wunsch und der Wille der/des Betreuten zu beachten, vgl. § 1901 Abs. 3 BGB. Beides darf nur übergangen werden, wenn das Wohl bei Beachtung des Wunsches und des Willens der betreuten Person gefährdet wird. Der BGHhat das in einer Entscheidung 2009 allerdings relativiert und ausgeführt, dass es nicht genügt, wenn der Wunsch dem objektiven Wohl des Betroffenen zuwider läuft. Ein Wunsch bleibt im Grundsatz beachtlich, sofern dessen Erfüllung nicht höherrangige Rechtsgüter des Betreuten gefährden oder seine gesamte Lebens- oder Versorgungssituation erheblich verschlechtern würde. Die Entscheidung ist in FamRZ 2009, 1656, veröffentlicht.

Die vorstehenden Grundsätze gelten für ausreichend Bevollmächtigte entsprechend, es sei denn, das Innenverhältnis zwischen Vollmachtgeber und –nehmer enthält abweichende Regelungen. Im Außenverhältnis bestimmen sich die Rechte des Bevollmächtigten nach der mit der Vollmacht erteilten Rechtsmacht, sprich der durch die Vollmacht übertragenen Aufgaben sowie ergänzend § 1904 Abs. 5 S. 2 BGB. Willenserklärungen, die der Bevollmächtigte im Rahmen der ihm zustehenden Vertretungsmacht für den Vollmachtgeber abgibt, wirken im Rechtsverkehr unmittelbar für und gegen den Vertretenen, § 164 Abs. 1 S. 1 BGB. Dies gilt auch für Erklärungen, denen nicht der Charakter einer Willenserklärung zukommt, etwa einer Einwilligung in ärztliche Behandlungsmaßnahmen. Umfasst die schriftliche Vollmacht ausdrücklich den Bereich der Gesundheitsfürsorge, ist der Bevollmächtigte ohne weiteres ermächtigt, über ärztliche Maßnahmen zur Schutzimpfung gegen das SARS-CoV-2 Virus zu entscheiden.

Bezogen auf die Schutzimpfung gegen das SARS-CoV-2 Virus bedeutet dies folgendes:

Im ersten Schritt hat die Betreuerin/der Betreuer zu prüfen, ob die betreute Person nicht noch selbst in der Lage ist, über die Einwilligung bzw. Ablehnung einer Impfung zu entscheiden. Dazu bedarf es nicht der Geschäftsfähigkeit der betreuten Person. Ausreichend ist es, wenn die betreute Person versteht, worum es sich bei dem SARS-CoV-2 Virus handelt, dass sie zum Schutz vor einer Ansteckung mit dem Virus geimpft werden kann, wie die Impfung vollzogen wird und welche Vor- bzw. Nachteile mit einer Impfung verbunden sind. In diesem Rahmen hat die Betreuerin/der Betreuer die betroffene Person dahin zu unterstützen, dass sie eine eigenverantwortliche Entscheidung treffen kann.

Nur in dem Fall, dass die betreute Person diese Einsichtsfähigkeit nicht besitzt und auch nicht in der Lage ist, mit der Unterstützung eine eigenverantwortliche Entscheidung zu treffen, bedarf es einer Entscheidung der Betreuerin/des Betreuers. Deren/Dessen Entscheidung hat sich maßgeblich nach den geäußerten bzw. aus früheren Äußerungen bekannten Wünschen der betreuten Person zu richten. Lassen sich solche Wünsche nicht feststellen, ist auf den mutmaßlichen Willen abzustellen.

Aktuell wird seitens der Behörden eine Impfung mit einem zugelassenen Impfstoff empfohlen. Demgemäß hat die Betreuerin/der Betreuer sich zu fragen, ob die von ihm betreute Person eine Impfung generell oder jedenfalls in diesem Fall ablehnt oder abgelehnt hätte. Im Einzelfall hat die Betreuerin/der Betreuer seine Entscheidung daran auszurichten.

In der Regel bedarf die Betreuerin/der Betreuer für die Einwilligung bzw. die Ablehnung der Impfung keiner Genehmigung des Betreuungsgerichtes nach § 1904 BGB. Nur wenn im konkreten Einzelfall durch die Impfung oder die Unterlassung der Impfung eine große Wahrscheinlichkeit (in der Regel wird dies bei einer Wahrscheinlichkeit von 15 % und mehr angenommen) besteht, dass die betreute Person einen erheblichen gesundheitlichen Schaden erleiden oder sogar sterben wird, bedarf es einer solchen Genehmigung. Allerdings ist nach dem Gesetz selbst in einem solchen Fall die Genehmigung entbehrlich, wenn die Betreuerin/der Betreuer auf der einen Seite und der behandelnde Arzt auf der anderen Seite einvernehmlich zu der Entscheidung gekommen sind, eine Impfung vorzunehmen bzw. zu unterlassen.

Zu beachten ist letztlich:

Lehnt die betreute Person mit natürlichem Willen die Schutzimpfung gegen das SARS-CoV-2 Virus erkennbar (verbal oder nonverbal) ab, kann die Betreuerin/der Betreuer gegen den Willen die Schutzimpfung nur veranlassen, wenn die Impfung als ärztliche Zwangsmaßnahme durch das zuständige Amtsgericht nach § 1906a BGB betreuungsgerichtlich genehmigt wird.

Zu den Aufgaben einer Betreuerin/eines Betreuers gehört es dagegen nicht, sich an der allgemeinen öffentlichen Diskussion um die Corona – Impfung zu beteiligen.

Die vorstehenden Grundsätze gelten auch für Vorsorgebevollmächtigte, die für den Bereich der Gesundheitsfürsorge bevollmächtigt sind.

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