Weitere Reparatur des Gesetzes zur Reform des Betreuungsrechts

Nach den Korrekturen im Gesetz zur Durchführung der EU-Verordnungen über grenzüberschreitende Zustellungen und grenzüberschreitende Beweisaufnahmen in Zivil- oder Handelssachen etc. vom 24.6.2022 (Bundesgesetzblatt I, Seite 959) hat der Gesetzgeber nun erneut im Gesetz zur Umsetzung der Umwandlungsrichtlinie (UmwRL) eine Korrektur am Gesetz zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts vom 4.5.2021 (Bundesgesetzblatt I, Seite 882) vorgenommen. In § 493 Abs. 5 FamFG findet sich jetzt eine Übergangsregelung zur Anordnung von erstmaligen Betreuerbestellungen bzw. erstmaligen Anordnungen eines Einwilligungsvorbehaltes sowie deren erstmalige Verlängerung, wenn die Maßnahme gegen den Willen des Betroffenen erfolgte. Sie lautet in der UmwRL – grammatikalisch nicht ganz sauber:

Artikel 22 UmwRL
Weitere Änderung des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit
Dem § 493 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit vom 17. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2586, 2587), das zuletzt durch Artikel 5 des Gesetzes vom 31. Oktober 2022 (BGBl. I S. 1966) geändert worden ist, wird folgender Absatz 5 angefügt:

„(5) Wenn Betreuung oder Einwilligungsvorbehalt vor dem 1. Januar 2023 angeordnet wurde, müssen erstmalige Entscheidungen über die Aufhebung oder Verlängerung der Maßnahme abweichend von den in § 294 Absatz 3 Satz 2 und § 295 Absatz 2 Satz 2 genannten Fristen zu folgenden Zeitpunkten erfolgen:
1. über Maßnahmen, die bis zum Ablauf des 30. Juni 2022 angeordnet wurden, bis spätestens zum Ablauf des 30. Juni 2024,
2. über Maßnahmen, die zwischen dem 1. Juli 2022 und dem 31. Dezember 2022 angeordnet wurden, spätestens zwei Jahre nach der Anordnung.“

Nach Art. 25 Abs. 2 UmwRL tritt das Gesetz rückwirkend zum 1.1.2023 in Kraft. Der Bundesrat hat den nicht zustimmungspflichtigen Gesetzesentwurf am 10.2.2023 durchgewunken.

Zum gesamten Ablauf des Gesetzgebungsverfahrens: https://dip.bundestag.de/vorgang/gesetz-zur-umsetzung-der-umwandlungsrichtlinie-und-zur-%C3%A4nderung-weiterer-gesetze/290310

Zur Entscheidung des Bundesrates: https://dserver.bundestag.de/brd/2023/0019-23B.pdf

Hintergrund der Gesetzesänderung:

Seit dem 1.1.2023 gilt nach § 294 Abs. 3 Satz 2 FamFG bei einer gegen den erklärten Willen des Betroffenen angeordneten Betreuerbestellung oder eines Einwilligungsvorbehaltes eine Verkürzung der Überprüfungsfrist von 7 auf 2 Jahre. Gleichzeitig gilt seit dem 1.1.2023 nach § 295 Abs. 2 Satz 2 FamFG für für die Entscheidung über die erstmalige Verlängerung oder die Aufhebung einer gegen den erklärten Willen des Betroffenen angeordneten Betreuerbestellung oder eines Einwilligungsvorbehaltes ebenfalls eine Verkürzung der Überprüfungsfrist von 7 auf 2 Jahre. Zu Einzelheiten vgl. Schulte-Bunert/Weinreich/Rausch, § 294 FamFG, Rn. 9 f. und § 295 FamFG, Rn. 6 f.

Der Gesetzgeber begründet die Schaffung des § 493 Abs. 5 FamFG mit der in der Praxis bestehenden Unsicherheit, ob die verkürzte Überprüfungsfrist des § 295 Abs. 2 Satz 2 FamFG auch auf Maßnahmen anzuwenden ist, die vor dem 1.1.2023 angeordnet worden sind.

Bedeutung für die gerichtliche Praxis:

Die nun geschaffene Übergangsvorschrift verschiebt die Anwendung der kurzen Überprüfungshöchstfrist für Bestandsfälle. Die erstmalige Entscheidung über die Aufhebung der Betreuung oder des Einwilligungsvorbehaltes nach § 294 Abs. 3 Satz 2 FamFG sowie die Verlängerung der Betreuung oder des Einwilligungsvorbehaltes nach § 295 Abs. 2 Satz 2 FamFG hat bis spätestens zum zum Ablauf des 30.6.2024 erfolgen, sofern die Maßnahme bis zum Ablauf des 30.6.2022 angeordnet worden ist. Ist die Maßnahme zwischen dem 1.7. und 31.12.2022 angeordnet worden, hat die erstmalige Entscheidung über ihre Aufhebung oder Verlängerung bis spätestens 2 Jahre nach Anodnung der Maßnahme zu erfolgen. Hatte also das Betreuungsgericht die Maßnahme am 7.10.2022 angeordnet, muss die Entscheidung über ihre Aufhebung oder Verlängerung bis zum 6.10.2024 erfolgen. Der Gesetzgeber wollte den Gerichten mit der Übergangsvorschrift die Möglichkeit geben, die „notwendige und aufwändige Sichtung der Verfahrensbestände in den Ablauf der im Rahmen der gerichtlichen Aufsicht über die Betreuer durchzuführenden Prüfung der Jahresberichte zu integrieren“ und den zusätzlichen Aufwand vertretbar begrenzen (BT-Drucksache 20/5237, S. 96).

Beachte:

Der Ablauf der festgesetzten Überprüfungsfrist hat auf die Fortgeltung der Betreuung einschließlich eines etwa angeordneten Einwilligungsvorbehalts keine Auswirkungen, BGH, NJW-RR 2019, 1410, Randnummer 8.

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