Aktuelles aus dem Betreuungsrecht
Im Heft 11/2021 der FamRZ finden Sie meinen Aufsatz „Vom Wohl des Betroffenen zu dessen Wünschen und Willen – neue Maßstäbe für die Betreuertätigkeit.
Mit der Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts zum 01.01.2023 verbindet der Gesetzgeber die Schaffung eines neuen Inhaltlichen Maßstabes für jedes Handeln eines Betreuers. Anders als im Vormundschaftsrecht, dort kommt es nach § 1790 Abs. 1 BGB n.F. weiterhin auf das Wohl des Mündels an, sollen künftig die Wünsche und der Wille des Betroffenen die Tätigkeit eines Betreuers prägen. Dazu ersetzt der Gesetzgeber den bisherigen § 1901 BGB durch die Vorschrift des § 1821 BGB n.F. Sie wird für alle Akteure im Betreuungswesen maßgeblich sein und entfaltet Wirkungen auch im Rahmen der gerichtlichen Aufsicht und der gerichtlichen Genehmigungsverfahren (BT-Drucks. 19/24445, Seite 249). § 1821 BGB n.F. geht davon aus, dass Betreuer ihr Vertretungsrecht nur noch im Ausnahmefall nutzen, vorrangig sollen sie den Betreuten bei der Wahrnehmung seiner Selbstbestimmung unterstützen. Dazu hat der Betreuer die Wünsche des Betreuten zu ermitteln, auch die vor der Betreuerbestellung geäußerten Wünsche, an denen festgehalten wird, den ermittelten Wünschen zu entsprechen und den Betreuten bei der Umsetzung der Wünsche rechtlich zu unterstützen.
Als Fazit endet der Aufsatz mit:
Auf den ersten Blick vermag die Zunahme der Verpflichtungen im Rahmen der Wunschermittlung für einen Betreuer erschreckend wirken. Der zweite Blick offenbart indes, dass vieles, was neu erscheint, nur „ein anderes Kleid übergestreift erhalten hat“ und sich bei strukturierter Planung und Herangehensweise der zusätzliche Aufwand in Grenzen halten wird. Sorgfältige Ermittlungen und Dokumentation von Wünschen des Betreuten zu Beginn der Betreuung werden den anfänglichen Zeitmehraufwand später kompensieren. Letztendlich dient die Verpflichtung zur umfassenden Wunschermittlung der Wahrung des Selbstbestimmungsrechts der Betreuten – ein wahrlich lohnendes und erstrebenswertes Ziel.
Im Heft 1/2020 der BtPrax finden Sie im Anschluss zu meinem Bericht in BtPrax 2019, 9 ff., einen Bericht zu den aktuellen Entwicklungen im Betreuungsrecht. Zudem sind die zwischen 1. Januar 2019 und 1. Januar 2020 veröffentlichten Gerichtsentscheidungen kurz gefasst dargestellt.
Unter anderem finden Sie Entscheidungen zur Frage der Haftung eines Betreuers zitiert, etwa:
„Ein pflichtwidriges Verhalten des Betreuers stellt sich nicht ohne weiteres als sozialwidrig im Sinne von § 103 Abs. 1 S. 1 SGB XII dar (LSG Hessen, BtPrax 2019, 162). Nach BSG, BtPrax 2019, 161, bedarf es grober Fahrlässigkeit. Der Aufgabenkreis Vermögenssorge umfasst u. a. die Verpflichtung, Auskunft zu Rentenanwartschaften des Betreuten bei dem zuständigen Rentenversicherungsträger einzuholen und das Vorliegen etwaiger Ansprüche des Betreuten auf Erwerbsminderungsrente zu prüfen und deren Bewilligung rechtzeitig zu beantragen (LG Bonn, RPfleger 2019, 590). Die Verletzung dieser Pflicht kann Schadensersatzansprüche des Betreuten auslösen. Grobe Pflichtverletzungen des Betreuers können die Kündigung des Heimplatzes des Betroffenen rechtfertigen (OLG Frankfurt, BtPrax 2019, 203). Ein Betreuer haftet nicht für einen vermeintlichen Mietausfallschaden, wenn nicht nachgewiesen werden kann, dass er zwischen der vollstationären Unterbringung des Betreuten im Heim und dem Abschluss des Mietvertrages für dessen bisherige Wohnung wegen anstehender Renovierungsarbeiten pflichtwidrig zu langsam agiert hat ( OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 13.8.2019 – 8 U 199/15).“